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Aus "Frühe Moderne in Frankfurt am Main" von Heike Risse

Verwaltungsgebäude der I.G.-Farbenindustrie AG

Bauj.: 1928-1931; 1. Preis in einem beschränkten Wettbewerb
Arch.: Hans Poelzig, Berlin
Bauleiter: Arch. Blattner und Jack, Mitarb. Der I.G.-Farbenindustrie: Ing. Santo
Gartengestaltung: 1931, Max Bromme

1928 verlegte die I.G.-Farbenindustrie AG - eine Interessengemeinschaft mehrerer chemischer Fabriken -ihre Zentralverwaltung nach Frankfurt a. M. Die Farbwerke Hoechst bestand als I.G.-Farbenindustrie, Aktiengesellschaft, vorm. Meister, Lucius & Brüning" weiter. (Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Interessengemeinschaft wieder geteilt in Farbwerke Hoechst, Bayer-Leverkusen und BASF. In den vom Krieg unbeschädigten Gebäuden fanden die Amerikaner ihr neues Domizil.)

Für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes im südöstlichen Teil des Grüneburgparks (Grüneburgplatz 1) eröffnete das Unternehmen einen beschränkten Wettbewerb unter fünf Architekten: Paul Bonatz-Stuttgart; Fritz Hoeger-Hamburg; Körfer-Köln; Ernst May und Martin Elsaesser-Frankfurt a. M.; Hans Poelzig-Berlin.

Das aus Vertretern der Firma zusammengesetzte Preisgericht erkannte dem Entwurf Hans Poelzigs den 1. Preis zu.

Entwurf May-Elsaesser: Im Erläuterungsbericht zu May-Elsaessers Projekt führten die Verfasser folgendes aus:
Der von Osten nach Westen gelagerte Hauptbau (Westbau) bildet den Blickabschluß eines von der Liebigstraße bzw. der Unterlindau ansteigenden Forums, das bestimmt ist, die Zufahrt für die Direktoren und Gäste zu bilden. Durch die Anschmiegung dieses Bauteils an den Grüneburgpark und durch den von Norden nach Süden verlaufenden Südtrakt des Verwaltungsgebäudes entsteht auf diese Weise ein in Terrassen ansteigender Ehrenhof von städtebaulich großer Wirkung. Klar getrennt von diesem Haupteingang ist in der östlichen Stirnseite des Hauptbaues der Eingang für Beamte und Angestellte so angeordnet, daß er einen monumentalen Blickabschluß von der Holzhausenstraße her bildet. Die Straßenbahnlinien von der Eschersheimer Landstraße sowie die neue durch die Bremer Straße zu verlegende Linie ergeben eine bequeme Zufahrt."

Im Entwurf war der Baukomplex als Vierflügelanlage vorgesehen. Hauptbau: Repräsentationsräume, Ausstellung, Sitzungssäle, Vorstandszimmer und Hauptverwaltung.
Nord- und Südflügel: Post, Bank, Archiv, Geschäftsräume.
Ostflügel (niedrig gelagert): Gesellschaftsräume.

Das Laboratorium sollte in Verlängerung des Nordflügels angeordnet werden. Als Konstruktion war, wegen der Kürze der damit verbundenen Bauzeit, ein Eisenskelett geplant; die äußere Fassade sollte in geschliffenem Haustein (Sockel) bzw. in weißglasierten Majolikaplatten (Fassadenflächen) verkleidet werden; ferner waren aluminiumverkleidete Holzfenster vorgesehen. Der Baukörper sollte nach May-Elsaesser eindeutig in das Straßensystem integriert werden, insbesondere legten die Verfasser Wert auf eine Verkehrsanbindung zur Eschersheimer Landstraße als Hauptausfallstraße. Während der Nordflügel der Anlage einen Riegel zum Park bildete, öffnete sich der Gebäudekomplex zur Stadt.

Entwurf Poelzig: Während May-Elsaesser den Grundriß in das fortgedachte Straßenraster legten, schuf Poelzig eine in sich symmetrische Anlage, die sich trotz der Monumentalität gut in den Park einfügte, dafür jedoch bestehende Straßenführungen oder Verkehrsanbindungen außer acht ließ. Diesen Punkt kritisierte May dann auch besonders; lobte jedoch die "ausgezeichnete innere Organisation" - mit der Einschränkung: "... die Idee der Risalite als Zentralen einzelner Verwaltungszweige wurde von dem schwedischen Architekten Eriksson sehr elegant im Völkerbundwettbewerb 1927 vorgebracht. .."

Am 22. August 1928 beschloß der Vorstand, nach Plänen Poelzigs den Verwaltungsbau auszuführen. Im Programm war gefordert: - Nutzfläche 23 000qm
- Wirtschaftsgebäude mit Speisesälen für 1600 Personen
- Versuchslaboratorien mit 2000 qm Grundfläche
- Heiz- und Kraftwerk
- Garagen für 100 Wagen
- Pförtnergebäude
- Nebenanlagen

Der Bauplatz lag im Winkel von Fürstenberger Straße, geplanter Bremer Straße und verlängerter Hansaallee auf dem "Affensteiner Feld" genannten Areal der "Städtischen Irrenanstalt" mit ihren Verwaltungsgebäuden und Gärtnereien, deren Beseitigung für das Jahr 1930 anberaumt war. Die Gebäude der Nervenheilanstalt. deren Leiter Heinrich Hoffmann (Verfasser des Kinderbuches "Struwwelpeter") war, lagen auf dem mittleren Teil der östlichen Hälfte des Grundstücks. Ein Ersatzbau für die Nervenklinik entstand gleichzeitig im Stadtteil Niederrad (1929-30, Martin Elsaesser).
Auf ansteigendem Parkgelände entstand in annähernd west-östlicher Richtung parallel zur Fürstenbergerstraße, jedoch 103 m von dieser zurückgesetzt, der Verwaltungstrakt des Chemie-Konzerns. In 105 m Abstand und nördlich parallel zu diesem das Wirtschaftsgebäude und östlich des Hauptbaues das Versuchslaboratorium. Die Lage der Garagen in der Nordwestecke und des Kesselhauses in der Nordostecke ergab sich aus der Forderung, störende Betriebe in möglichst großer Entfernung von den Arbeitsstätten zu halten. Das Eingangsportal, anschließendes Casino und nördlicher Wirtschaftsbau lagen auf einer imaginären Achse, die als Allee ausgebildet im rückwärtigen Grundstücksbereich bis zur Miquelallee fortgeführt werden sollte. Der Grundriß des Verwaltungsgebäudes wurde auf einen 250 m langen Kreisbogen mit 10,9 m Breite angeordnet und von sechs radial stehenden Querflügeln von je 50m Länge durchbrochen; die äußeren wiesen eine Breite von 16,4m auf, die inneren 14,2m. Der Baukörper erhob sich mit 9 Geschossen 35m über Geländeoberkante. Die Geschoßhöhen nahmen von 4,6m im Erdgeschoß bis auf 4,2m Höhe im Dachgeschoß ab. Der Baukörper umfaßte 229 870 cbm umbauten Raum.
Als Konstruktion wurde aufgrund der ungleichen Bodenverhältnisse ein Stahlskelett mit Verkleidung vorgesehen. 40 Bohrproben ergaben starken Schichtenwechsel und starke Verwerfungen des Geländes: unter Löß und Ton war der Boden mit Basaltgeröll durchsetzt. Die ursprünglich geplante Pfahlgründung wurde deshalb verworfen und einer Flachgründung der Vorzug gegeben. Die Erdarbeiten führte die Firma Philipp Holzmann aus in Zusammenarbeit mit Grün und Bilfinger, Mannheim. Für den Stahlskelettrahmen wurden 5000 t Stahl verbaut. (Ausführung: Fa. Jucho, Dortmund, Fa. Flender, Benrath, Eisenbau Bleichert, Neuß a. Rh.)
Von den Querbauten haben die beiden äußeren 15,3, die vier inneren 13,1 m ungeteilte Stützweite, während der Verbindungsbau, von 10, 1 m von Achse zu Achse Außenstütze, noch eine innere Stützenreihe in den Flurwänden aufweist."
Eingerüstet wurde der Bau mit einem von der Torkret-Gesellschaft, Berlin, neu entwickelten Stahlrohrgerüst, das bei diesem Vorhaben erstmals in größerem Umfang zur Anwendung kam. (Das Stahlrohrgerüst ist demnach nicht wie vielfach behauptet eine Entwicklung aus den 50er Jahren.)
Die Außenwände zeigten folgenden Aufbau: (von außen nach innen) 3 cm Travertinverkleidung, 1,5cm Fuge, 25cm Backstein, 0,5cm Klebefuge, 3 cm Korkisolierung, 1,5 cm Putz. Die travertinverkleideten Außenwandpfeiler waren 52 cm bzw. 63 cm breit und 38,5 cm stark. Treppenhäuser und Aufzugsschächte waren mit 25 cm Leichtsteinwänden ummauert. Der Deckenaufbau setzte sich wie folgt zusammen: 10 cm Kleinesche Decke mit Rabitzunterspannung, 1,5cm Glattestrich, 2,5cm Antiphon, 3,Ocm Sand, 2,Ocm Gipsanstrich, 4mm Linoleum. Die Innenwände bestanden aus 5 cm starken Heraklithplatten mit zwischengehängter Papplage und beidseitig aufgebrachtem Putz; ausgesteift wurde die 15 cm starke Wand durch Holzbalken. Die Lage der Türen war in diesem System nach Bedarf zu ändern, da zu jeder Fensterachse eine Türöffnung vorgesehen war. Als die Belegschaft von 1600 Personen auf 2400 Angestellte stieg, war dies von besonderem Vorteil. Andere Wände waren aus Monier, Schwemmsteinen, Rabitz, Bimsdielen oder Glas hergestellt.
Das Dach wurde mit Tecuta (Walzkupfer), das auf die Massivdecke geklebt war, durch die Heddernheimer Kupferwerke gedeckt.
Alle Fenster der Büros und Flure wurden als Holzschiebefenster ausgebildet. Die Zimmertüren wurden als glatte, lackierte Sperrholztüren in Holzrahmen ausgeführt; nur die Eingangs- und Ausstellungshallentüren bestanden aus Bronze, ebenso wie die Fahrstuhltüren. Die Flure wurden von den Treppenhäusern durch Eisenrahmentüren mit Drahtspiegelglasfüllungen getrennt. Die Wände der Ausstellungs- und Eingangshalle wurden mit Marmor im Zick-Zack-Muster verblendet, Fußboden und Treppengeländer bestanden aus Muschelkalkstein; in den Quertrakten wurde für die Stufen graue Basaltlava verwendet. Die Decken erhielten eine Blattaluminiumauflage, außer der des Windfanges des Haupteingangs: hier wurde eine Decken- und Wandverkleidung in gegossenen Bronzeplatten mit Kupferfriesen aufgebracht.
Die fünf Sitzungssäle wurden holzvertäfelt (Nußbaum, Zeder, Birnbaum, Pflaumenbaum und Imbuje).

Die baukünstlerische Oberleitung lag in den Händen von Hans Poelzig; die örtliche Bauleitung übernahmen die Architekten Blattner und Jack in Zusammenarbeit mit Ing. Santo von der I.G.-Farbenindustrie.
Das Hanggelände zwischen Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude gestaltete Gartenbaudirektor Max Bromme, Frankfurt a. M.; das Areal vor dem Bauwerk wurde bewußt frei gehalten. Das moderne Verwaltungsgebäude ist heute eines der überzeugendsten Beispiele für rein funktionalistische Architektur einerseits und harmonische Einbindung eines monumentalen Baukörpers durch geschickte Grundrißanordnung und Materialwahl in eine bestehende Parklandschaft andererseits.

Hauptfriedhof-Erweiterung

Baujahr: 1928
Entwurf: Stadtbaurat Ernst May und Gartenbaudirektor Max Bromme, Grabmalentwürfe von Josef Hartwig,
Ehrenmal: 1928 von Arch. Hermann Senf

Genau hundert Jahre nach der Eröffnung des von Sebastian Rinz, 1828 anstelle des zentralen Petersfriedhofs vor der Stadt angelegten Hauptfriedhofes initiierte das städtische Siedlungsamt unter Leitung des Stadtbaurates Ernst May eine Erweiterung, die die letzte zur Verfügung stehende Fläche (126000 qm) südlich des Marbachweges (Eckenheimer Landstraße 188-210) in der Nord-Ost-Ecke des Friedhofs umfaßte, und die nach Entwürfen des Gartenbaudirektors Max Bromme vorgenommen wurde.
Eine gleichzeitig aufgestellte neue Frankfurter Friedhofsordnung zog vielfache Kontroversen nach sich.

Der Erweiterungsentwurf sah vor, den Höhenunterschied des zur Längsrichtung des Areals liegenden Hanges vermittels fünf, in einem Winkel von ca. 45° zur Nord-Süd-Achse angeordneten, sich übereinander staffelnden Terrassen zu überwinden. Diese schlossen sich fächerförmig an das bestehende Friedhofsgewann an und berücksichtigten ferner den südlichen, bereits belegten Teil. Vom Mittelpunkt des Fächers aus, von wo der Blick auf eine projektierte Trauerhalle fallen sollte, war der Zugang geplant. Ein weiteres Tor befand sich am Marbachweg. Dieses war mit dem Strahlpunkt, bzw. mit der projektierten Trauerhalle durch eine mehrfach versetzte, in sanfter Ansteigung verlaufende Allee verbunden. Längs der Böschungsmauern der Terrassen angelegte Zugangswege -mit doppelten Baumreihen versehen - ermöglichten die bequeme Erschließung.
Parallel der nord-südlichen Hauptachse waren Pergolen geplant; für die gärtnerische Anlage des Erweiterungsgebietes sollten nur wenige Pflanzenarten verwendet werden. Den hundert Jahre zuvor eröffneten Rinzschen Friedhof stellt May als "Musterbeispiel einer großzügigen Friedhofsaufteilung" dar, die mehrfachen Erweiterungen hingegen wirkten durch eine "übergroße Zahl von Motiven in der Ausgestaltung der Wege, Plätze und Gräberfelder" unruhig, "von der gänzlich mißglückten Vorplatzausbildung vor dem neuen Portale mit den unklaren Achsenansätzen ganz zu schweigen". (May).
Diesen Vorgängerplanungen hielt er sein schlichtes Friedhofskonzept entgegen. Zusätzlich sollte eine neue Friedhofsordnung, die insbesondere Form, Maß und Material der Grabsteine reglementierte und eine Zusammenfassung der Formzeichen wie Stelen, Kreuze und Platten zu Gräbergemeinschaften vorsah, eine Entwicklung stoppen, die bereits zu Beginn des 20. Jhds. einsetzte: industriell gefertigte Massenware verschiedenster Formen, aus ausländischem Material, das am Ort lediglich verarbeitet wurde - bevorzugt war schwedischer, schwarz glänzend polierter Granit - mit vergoldeter Inschrift verdrängte die steinmetzmäßige Bearbeitung einheimischen Materials (aus Odenwald/Fichtelgebirge) durch ortsansässige Künstler. Die aufgrund der Friedhofsordnung geschaffenen Grabmale waren das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Bauberatung des städtischen Hochbauamtes unter Leitung Adolf Meyers, dem Garten- und Siedlungsamt und den von Prof. Richard Scheibe und Bildhauer Josef Hartwig geleiteten Bildhauerklassen der städtischen Kunstschule. Parallel dazu führte Meyer Verhandlungen mit maßgebenden Firmen der Grabsteinindustrie, besonders des Odenwaldes, von der er sich zusätzlich neue Anregungen versprach. Kritik der Betroffenen richtete sich vor allem gegen die Form der Grabmale, die als zu modisch empfunden wurden, historische Stilformen ängstlich vermeidend. Meyer hielt dem entgegen, daß die Grabsteine zu 95 Prozent industriell hergestellt würden, die abstrakte, geometrische Form sei bedingt durch die Arbeitsweise der Maschine. Doch zeigen die neue Friedhofsordnung und die Grabsteinentwürfe einmal mehr die autoritäre Geschmacksdiktatur Mays.

Gleichzeitig mit der Friedhofserweiterung erfolgte der Bau eines Ehrenmals auf dem 1914 angelegten Ehrenfeld für Opfer des 1. Weltkrieges, nachdem mehrere engere Wettbewerbe vorausgegangen waren, nach dem Entwurf von Hermann Senf.
Der Rundbau, umgeben von einer Wasserfläche, stand mit der Einsegnungshalle des Eingangsportals über eine Allee in direkter Sichtbeziehung. Das Innere des einen Tumulus symbolisierenden Denkmals war als Kuppelraum, in den das Licht durch eine im Durchmesser 6,8 m große Öffnung im Scheitelpunkt des Gewölbes fiel, gestaltet.
Gegenüber des von zwei Pfeilern flankierten Eingangsportals in einer um mehrere Stufen vertieften Kuppelnische wurde die Figur eines toten Kriegers aufgestellt, die von dem Bildhauer Paul Seiler geschaffen wurde.
Das Bauwerk selbst ruhte auf einem Basaltquadersockel und wurde in behauenem Basaltstein ausgeführt. Die Schrifttafeln - nach dem 2. Weltkrieg noch ergänzt - wurden zwischen Konsolsteinen, die zum Aufhängen von Kränzen gedacht waren, angeordnet. Nach oben wurden die den unteren Teil der Kuppel bildenden Tafeln durch ein plastisches Schriftband abgeschlossen:
"Die Stadt Frankfurt am Main ihren im Weltkrieg gefallenen Söhnen." Die Kuppel selbst ist in Eisenbetonkonstruktion ausgeführt; das Portal in die Gewölbeflächen eingeschnitten. Das Ehrenmal zeigte große Ähnlichkeit mit der Revolutionsarchitektur von Boullée und Ledoux.

Neuer Israelitischer Friedhof

Bauj.: Friedhof: 1928
Trauerhalle: 1928-1929 Arch.: Fritz Nathan, Frankfurt a. M.

Zeitlich parallel zur Nord-Ost-Erweiterung des Hauptfriedhofs plante auch die Jüdische Gemeinde nordwestlich anschließend einen neuen Friedhof mit einem Eingangsgebäude, das 1928-29 zur Ausführung kommen sollte (Eckenheimer Landstraße 230). Die Pläne für beide Projekte stammten von Regierungsbaumeister Fritz Nathan.
Von der Eckenheimer Landstraße aus gelangte man durch ein dreiteiliges, von einem Schriftband gekröntes Portal in einen quadratischen, von Arkaden umgebenen, im schachbrettmusterartigem Ziegelzierverband gepflasterten Innenhof; im Norden flankiert von der Trauerhalle mit dahinter anschließender Leichenhalle und im Süden von den Verwaltungsgebäuden begrenzt. Die Grabstätten schlossen sich gegenüber dem Haupteingang in quadratischen, von Heckenpflanzungen getrennten Feldern an einer geraden Mittelallee an. Alle Bauwerke wurden in dunkelroten holländischen Klinkern ausgeführt, deren Material und Mauerverband den einzigen Fassadenschmuck darstellten.
Die große Trauerhalle im Hauptgebäude betrat man durch fünf hohe Arkaden, über denen die Halle belichtende Fenster angeordnet waren. Die zur Linken erscheinenden niedrigen Portale führten in die kleine Halle, die mit der großen im Bedarfsfall verbunden werden konnte. Sie wurde durch eine farbige Glaswand belichtet. Durch Portale zur Rechten gelangte man zu dem Kaddischgebetraum.
Die für die Trauerhalle gewählten kubisch-strengen Formen und die klare Grundrißaufteilung lassen den Bau Nathans gleichberechtigt neben der Architektur Elsaessers stehen.

Ledigenheime

Die eklatante Wohnungsnot nach dem Krieg betraf auch eine Randgruppe der Bevölkerung: die alleinstehenden berufstätigen Frauen, denen die neuen Siedlungsbauten aufgrund der hohen Mieten verschlossen blieben. Eine Lösung des Problems war aber dringend erforderlich, "wenn man bedenkt, daß in Frankfurt unter 25 Mark monatliche Miete kaum die schlechteste Dachkammer zu erhalten ist, dabei eine Arbeiterin durchschnittlich 80-100 Mark, eine Verkäuferin höchstens 180 Mark, höhere Handelsangestellte, Krankenschwestern, Fürsorgerinnen usw. selten über 250 Mark monatlich verdienen."
Die 1926 gegründete "Siedlungsgenossenschaft berufstätiger Frauen" und der "Frauenwohnungsverein" nahmen sich als erste der Wohnungsnot dieser Gruppe an. Unter ihrer Bauherrschaft entstanden eigens für alleinstehende Berufstätige zwei Wohnhausblocks, die beide von dem Frankfurter Architekten Bernhard Hermkes geplant wurden: Die Wohnhausgruppe an der Adickesallee (Nr. 21-23 Ecke Löenstraße und Frauensteinstraße), die in zwei Bauabschnitten 1927-1930 entstand, und ein Laubenganghaus an der Platenstraße (Nr. 31-69) - 1930-1931 errichtet - das speziell minderbemittelten Frauen offenstand.

Wohnhausgruppe berufstätiger Frauen: Adickesallee:

Bauj.: 1. BA 1927-1928, 2. BA 1929-1930
Arch.: Bernhard Hermkes
Bauherr: Siedlungsgenossenschaft berufstätiger Frauen

Das Grundstück an der Adickesallee wurde in Erbpacht übernommen. Aufgrund einer Servitut für dieses Gebiet bestand die Auflage, daß auf diesem Gelände keine Wohnungen mit weniger als drei Zimmern errichtet werden durften. Auch die Organisation der Zimmerwirtinnen legte Einspruch gegen den Bau von Einzimmerwohnungen ein, da sie ihre Interessen gefährdet sah. So wurden die Grundrisse derart ausgebildet, daß mehrere Erwerbstätige eine Wohnung bewohnen konnten.

Im ersten Bauabschnitt (Block A) wurde ein Wohnungsblock mit zwölf Mietwohnungen von drei und vier Zimmern in Angriff genommen, der die Nordseite seines Platzes südlich der Adickesallee begrenzte; an der Ost- und Westseite entstanden später weitere Wohnblocks (Block B und C) mit zwölf bzw. 18 Wohnungen mit gleichen Grundrißtypen. Im Block A lagen in drei Stockwerken je vier Wohnungen an zwei nordseitigen Treppenhäusern. Die Wohnräume waren zum Garten hin orientiert und mit Balkonen ausgestattet, die die Südfassade horizontal gliederten. Im 3. Obergeschoß war das Balkonband an den Schmalseiten um das Gebäude herumgezogen. Kontrastierend zur "offenen" Südseite war die schlichte Nordseite nur durch die beiden verglasten, risalitartig vorspringenden Treppenhäuser rhythmisiert.
Die Baukosten betrugen 170000 Mark (32,50 M/cbm umbauter Raum); 20% mußten die Mitglieder der Siedlungsgenossenschaft tragen, 80% zahlte die Stadt Frankfurt a. M. Der Anteil der Genossinnen (2900 M) wurde durch Anrechnung auf die Miete über 20 Jahre getilgt. Die Dreizimmerwohnungen kosteten 87 M Miete (67 qm Wohnfläche) bzw. 95 M für 60 qm; für eine Vierzimmerwohnung mußte eine Miete von 125 M für 90 qm bzw. für 83 qm aufgebracht werden. Die Fünfzimmerwohnungen kosteten je 145 M (102qm).
Alle Wohnungen waren mit einer Einbauküche, Zentralheizung und Warmwasserversorgung ausgestattet. Außerdem war jede Wohneinheit an eine zentrale Alarmanlage angeschlossen. Im Untergeschoß standen zentrale Waschküche, Trocken- und Bügelraum zur Verfügung. Ein Teil der Wohnungen war nach Entwürfen des Architekten möbliert.
Das Gebäude wurde als Teilskelett konstruiert: die durchgehende tragende Mittelmauer bestand aus Ziegelmauerwerk; die Außenwände wurden in tragende Pfeiler aufgelöst und mit durchlaufenden Betonstürzen überdeckt. Die Wohnungstrennwände wurden, um die Schalldichtigkeit zu verbessern, doppelschalig ausgeführt. Das nicht begehbare Dach hatte geringes Gefälle.
Die Holzfenster und die Sperrholztüren wurden nach Frankfurter Norm gefertigt. Die Wände erhielten einen hellen Kaseinfarbenanstrich, die Fußböden elfenbeinfarbigen, die Treppenstufen roten Linoleumbelag.
Durch die Typisierung der Grundrisse und die weitgehende Verwendung von Normenbauteilen konnte der Rohbau in 52 Arbeitstagen erstellt werden; die gesamte Bauausführung beanspruchte sieben Monate. Mit dem Bau von reinen Einzimmerwohnungen in der Platenstraße, die nur minderbemittelten Berufstätigen zur Verfügung stehen sollten, wurde im Jahre 1930 begonnen.

Hallgartenblock

Bauj.: 1924-26
Arch.: Karl Blattner und Franz Roeckle
Bauherr: A.-G. für kleine Wohnungen

Der Entwurf des Hallgartenblocks zwischen Rotlint-, Gellert-, Hartmann-Ibach- und Hallgartenstraße (Nr. 28-56) war das Ergebnis eines beschränkten Wettbewerbs, der unter drei Frankfurter Architekten 1924 durch die AG für kleine Wohnungen ausgeschrieben worden war. Im Bauprogramm wurden gefordert:

- 2/3 aller Wohnungen als Zwei-Zimmer-Wohnungen, sonst Drei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen.
- Zentralheizung
- Zentralwäscherei
- städtische, öffentliche Badeanstalt (HallgartenBad)
- Kindergarten und -hort
- Amtsgebäude für soziale Ämter

Der zur Ausführung gelangte Entwurf stammte schließlich von der Architektengemeinschaft Karl Blattner und Franz Roeckle. Der Baubeginn datiert im Mai 1925. Die ersten Wohnungen waren bereits Ende desselben Jahres bezugsfertig.
Der Wohnblock - in traditioneller Blockrandbebauung ausgeführt - bestand aus zwei abgeschlossenen Blöcken mit Innenhöfen. Dazwischen wurden das Badehaus (an der Hallgartenstraße) und gegenüber der Kindergarten (an der Gellertstraße) plaziert. Zwischen diesen Sonderbauten lag wiederum ein Innenhof, hier jedoch mit Planschbecken für den Kindergarten. Die Fassaden waren verklinkert, z. T. im Zierverband. Das Erdgeschoß wurde am Ende Rotlint-/ Hallgartenstraße als hohes Sockelgeschoß ausgebildet. Das hohe Mansarddach (über drei Wohngeschossen) wurde mit regelmäßig angeordneten Einzelgauben - an den Eckpunkten des Gebäudes mit expressionistisch spitzer Dachausbildung - gegliedert. Das Badehaus wurde dreigeschossig ausgeführt: im Erdgeschoß befand sich die derzeit vorbildliche Zentralwäscherei, im 1. Obergeschoß waren Wannenbäder und im 2. Obergeschoß Brausebäder untergebracht.
Den Kindergarten der Wohnanlage - Entwurf von Franz Roeckle - stattete Ferdinand Kramer mit eigenen Möbeln unter Mitwirkung der Klasse für Möbelkunst der Kunstgewerbeschule Frankfurt a. M. aus.

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